Steckborn (Transkription Nr. 247)

Schulort Steckborn
Konfession des Orts: Reformiert
Signatur der Quelle: BAR B0 1000/1483, Nr. 1463, fol. 329-332v
Standort: Bundesarchiv Bern
Kanton 1799: Thurgau
Distrikt 1799: Steckborn
Agentschaft 1799:
Kirchgemeinde 1799: Steckborn
Ort/Herrschaft 1750: Gemeine Herrschaft Thurgau (Gerichtsherrschaft des Konstanzer Bischofs)
Kanton 2015: Thurgau
Gemeinde 2015: Steckborn
In dieser Quelle wird folgende Schule erwähnt:
  • Steckborn, 2. Schule (Niedere Schule, reformiert)

FREYHEIT. GLEICHHEIT. BEANTWORTUNG DER FRAGEN. ÜBER DEN ZUSTAND DER ZWEITEN EVANGELISCHEN FREYSCHULE IN STEKBORN.

I. Lokal-Verhältnisse.
I.1Name des Ortes, wo die Schule ist.

Stekborn.

I.1.aIst es ein Stadt, Flecken, Dorf, Weiler, Hof?

Es ist eine Stadt.

I.1.bIst es eine eigene Gemeinde? Oder zu welcher Gemeinde gehört er?

Es ist eine eigne Gemeine.

I.1.cZu welcher Kirchgemeinde (Agentschaft)?

Zu Stekborn.

I.1.dIn welchem Distrikt?

Ebenfalls zu Stekborn.

I.1.eIn welchen Kanton gehörig?

Zu dem Canton Thurgäü.

I.2Entfernung der zum Schulbezirk gehörigen Häuser. In Viertelstunden.

Der ganze Schulbezirk hält eine starke Vierthelstunde um Umkreise.

I.3Namen der zum Schulbezirk gehörigen Dörfer, Weiler, Höfe.

||[Seite 2] Diese heißen, nebst der Stadt , aus welcher 32 Kinder in diese Schule gehen: Unterdorf, gehen 2 Kinder, Oberdorf, keins, Hinterdorf, 1 Kind, Vorthor, 10 Kinder, Weyer, 5, Wolfkellen, 1 Kind, Feldbach 2 Kinder u. Ziegelhütte, keins. Diese Orter liegen alle ganz nahe, oder innert einer halben, oder ganzen Vierthelstunde um diese Stadt herum.

I.3.aZu jedem wird die Entfernung vom Schulorte, und
I.3.bdie Zahl der Schulkinder, die daher kommen, gesetzt.
I.4Entfernung der benachbarten Schulen auf eine Stunde im Umkreise.
I.4.aIhre Namen.

Diese sind: aufwerts 1/2 Stunde weit, Bernang; gegen Mittag über den Berg, eine Stunde weit, Homburg; hinab am See bis auf 2 Stunden keine reformierte.

I.4.bDie Entfernung eines jeden.
II.10Sind die Kinder in Klassen geteilt?

Ja, in zwey; denn es kommen keine andere Kinder, als die auch schon eine ordentliche Linie schreiben, u. auch ein wenig lesen können. Da habe ich sie gar schiklich in zwey Klaßen theilen können. Die tägliche Schuleintheilung richtung ist auch zu diesem Zweke eingerichtet; u. zwar so, daß die jüngern nur am Vormittage u. die ältern am Nachmittage die Schule besuchen sollten, damit die Kinder wenigstens einen halben Tag ihren Eltern mit Arbeit nüzlich seyn u. der Lehrer seine Schulgeschäfte zu größerm Nuzen der Kinder u. leichter treiben könne. Die Erfahrung beweißts, daß das Kind zum Müßiggang erzogen heißt: wo sie den ganzen Tag in eine Schule sizen müßen wo 50-60 Kinder beysamen sind; denn welchem Lehrer wäre das möglich sie alle zubeschäftigen? u. eine Schule, wo die Kinder nicht immer beschäftigt sind, ist nicht zwekmäßig, da ist keine Ordnung, u. der Lehrer kann mit dem besten Willen nicht ausrichten, was er wünscht.

II. Unterricht.
II.5Was wird in der Schule gelehrt?

1.stens Das richtige Auswendig-buchstabieren u. sillabieren.
2. das fertige u. geschikte Lesen.
3. Das Schönschreiben.
4. Das richtige Abschreiben aus gedruktem. Das Lesen der Handschriften.
5. Das Orthographische Schreiben, wenn den Kindern dictiert wird.
6. Das Aufsezen von Conti, Quittungen, Traktaten Zeugnißscheinen Briefen etc.
7. Das Auswendiglernen des klein u. großen Lehrmeisters, nebst schönen Bibelsprüchen, Sittensprüchen, Gebettern, Liedern etc.
8. Die Biblischen-Geschichten.
9. Das Rechnen bis in die Regeldetri hinein.
||[Seite 3] 10. Die Anfangsgründe u. Übung im Singen.
11. Die Geographie, die Vaterlandsgeschichte, im merkwürdigsten.
12. Frömmigkeit u. Tugend; Gehorsam u. Liebe gegen Eltern u: Vorgesezte; Liebe, Treue, Redlichkeit u. Dienstfertigkeit gegen Mittmenschen; Wahrheitsliebe; Ordnung, Reinlichkeit, Sorgfalt für ihre Sachen u. anhaltender Fleiss.

II.6Werden die Schulen nur im Winter gehalten? Wie lange?

Das ganze Jahr hindurch, ausgenommen was Ferien sind, diese sind: Donstags u. Samstags Nachmittags u. wenigstens 14 Tage im Herbst.

II.7Schulbücher, welche sind eingeführt?

Folgende:
1. Der zürcher=Lehr Mstr: Festbüchlein, u. Zeügnißbuch.
2. Herr Pfarrer Wasers Büchlein für Kinder.
3. Das N: Testament.
4. Das N. zürcher Gesangbuch, welches auch zum Unterricht im Singen gebraucht wird.
5. Beütlers Sittenlehren u. Klugheitsregeln etc. Jn Ermanglung mehrerer eigentlich für solche Kinder paßender Bücher.

II.8Vorschriften, wie wird es mit diesen gehalten?

Z. B. Es sind 50 Kinder in der Schule, so verfertigte ich 60 Vorschriften, unterschiedliche, kanzley, kurrent u. mit lateinischen Buchstaben geschrieben; ich bezeichne sie mit Numero; auf die ungeschriebne Seite schreibe ich den Namen des Kindes, ganz klein an einer Eke; diese theile ich aus, so oft sie sich im Schönschreiben üben. Haben sie nun ausgeschrieben, u. sind die Schriften corrigiert , so nehme ich jedem seine Vorschrift wieder zu meinen Handen u. versorge sie, nebst den Schreibbüchern (denn jedes Kind hat ein von 3 Bogen zusammengestahenes Büchlein) an ein dazu bestimmtes Pläzchen. Und wann die Kinder ihre Vorschriften 14 Tage abgeschrieben haben, so werden sie ||[Seite 4] wieder gewechselt. Der Jnnhalt dieser Vorschriften ist aus Junkers Handbuch Seilers Lesebuch u.a.m. genommen.

II.9Wie lange dauert täglich die Schule?

Am Morgen von 8 bis 11 Uhr u. Nachmittags von 1 bis 4 Uhr.

III. Personal-Verhältnisse.
III.11Schullehrer.
III.11.aWer hat bisher den Schulmeister bestellt? Auf welche Weise?

Die Bürgerschaft. Wenn ein Schullehrer starb, so wurde der Schuldienst in der Kirche ledig verkündet. Die, welche nun wünsch wünschten, Schullehrer zu werden, mußten sich beym Bürg: Pfarrer u. bey den beyden Bürgermeistern, melden. Dann wurden sie mit Zuzug einiger Ratherren im Pfarrhause examiniert ; darnach ward eine Bürgergemeine versammelt; der Bür: Pfarrer empfahl den Tüchtigsten der Gemeine. Dann ward ein geheimes Stimmenmehr gesammelt, u. der, der am meisten hatte, ward Schullehrer.

III.11.bWie heißt er?

||[Seite 5] Johannes Labhart.

III.11.cWo ist er her?

Von Steckborn.

III.11.dWie alt?

25 Jahr; gebohren den 21ten Jann 1774.

III.11.eHat er Familie? Wie viele Kinder?

Ein Kind.

III.11.fWie lang ist er Schullehrer?

3 Jahr u 2 Monat.

III.11.gWo ist er vorher gewesen? Was hatte er vorher für einen Beruf?

Zwey Jahre in Stein am Rhein, in der Lehrzeit zu einem Beck; 3 Jahre in Winterthurn in Condition u. 1 1/2 Jahr in St: Gallen. 25 Wochen bey Bürger Helfer Büel, bey Stein, als schon erwählter Schulmeister, um mich, bey diesem wakern Schulmanne, für das Schulwesen noch beßer auszubilden.

III.11.hHat er jetzt noch neben dem Lehramte andere Verrichtungen? Welche?

Nein, gar keine, als Vorbereitung zu den Lehrstunden?

III.12Schulkinder. Wie viele Kinder besuchen überhaupt die Schule?
III.12.aIm Winter. (Knaben/Mädchen)

50 bis 60. Jezt sind 32 Knaben u. 21 Mädchen, also 53 Kinder

III.12.bIm Sommer. (Knaben/Mädchen)

20 bis 30.

IV. Ökonomische Verhältnisse.
IV.13Schulfonds (Schulstiftung)
IV.13.aIst dergleichen vorhanden?

Ja, das Evangelische Feststeür-Gut.

IV.13.bWie stark ist er?

An austehenden Zinsen, Capitalien fl. 6080.

IV.13.cWoher fließen seine Einkünfte?

Aus dem Evangelischen Feststeüer-Gut.

IV.13.dIst er etwa mit dem Kirchen- oder Armengut vereinigt?

Nein.

IV.14Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?

||[Seite 6] Nein. Es ist eine eigentliche Freyschule.

IV.15Schulhaus.
IV.15.aDessen Zustand, neu oder baufällig?

Die vor 3 Jahren neü eingerichtete Schulstube ist schön, u. hell, Übrigens aber ist das Haus sehr schlecht u. baufällig, was Dach u. Böden anbetrift. Es ist nur eine Schulstube da. Für die Wohnung des Schulmeisters aber, ist ein ungefehr 7. Schuhe breiter Unterschlag angebracht — von hier aus werden durch das Weinen des Kindes, u. anderes unvermeidliches Geräüsch die Schulgeschäfte gestöhrt; so daß ich genöthiget ward, das Kind in ein anderes Haus zu thun. Jn der Schulstube sind für die Kinder keine Tische, sondern Bänke mit Schreibpulten, wo bis hinten immer 4 u 4 hintereinander sizen, u. dem Lehrer alle in's Gesicht sehen. Jn dem Hause sind eigentlich 2 Stuben. Die Obere ist für die Schule bestimmt; die Untere aber für einen Hausmann um einen Zins, den er der Gemeine zinset. Auch sind 3 brafe Keller die ebenfalls der Hausmann inne hat, u. der Schulmeister hat gar keiner; wann ich also Wein habe, so muß ich denselben in ein ander Hause legen. Auch habe ich zwey sehr kleine Kammern, u. eine davon ist ganz unbrauchbar; denn wenn man in der untern Küche Feuer macht, so wird dieselbe entsezlich mit Rauch angefüllt, so daß die Better u. Kleider dadurch ganz dem Verderben unterworfen sind, Dieß Schulhaus war das Zeüghaus — u. es ist es noch, u. könnte dem Lehrer sehr leicht ganz übergeben werden, indem der Zins für das untere Gemach nicht viel beträgt.

IV.15.bOder ist nur eine Schulstube da? In welchem Gebäude?
IV.15.cOder erhält der Lehrer, in Ermangelung einer Schulstube Hauszins? Wie viel?

Nein.

IV.15.dWer muß für die Schulwohnung sorgen, und selbige im baulichen Stande erhalten?

Die Stadtgemeine.

IV.16Einkommen des Schullehrers.
IV.16.AAn Geld, Getreide, Wein, Holz etc.

||[Seite 7] An Geld, zwey hundert Gulden u. sonst gar nichts.! Und hat auch nicht einmal einen Garten.

IV.16.BAus welchen Quellen? aus

Nichts.

IV.16.B.aabgeschaffenen Lehngefällen (Zehnten, Grundzinsen etc.)?
IV.16.B.bSchulgeldern?
IV.16.B.cStiftungen?
IV.16.B.dGemeindekassen?
IV.16.B.eKirchengütern?
IV.16.B.fZusammengelegten Geldern der Hausväter?

Eben obgenante fl. 200, die ein Theil der Zinse von dem sich jährlich mehrenden Capital sind, welches bey den Communionen von den Evangelischen zusammengelegt wird.

IV.16.B.gLiegenden Gründen?

Nichts.

IV.16.B.hFonds? Welchen? (Kapitalien)

Dieß Feststeürgut.

Bemerkungen
Schlussbemerkungen des Schreibers
Unterschrift

Zitierempfehlung: